
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
Drucksache 11/4611
Für die Verbundene Wohngebäudeversicherung
(VGV) hat der VdS Mitte 1988 parallel zur Neufassung
der VGB 88 neukalkulierte Netto-Prämienrichtlinien
(NPRL VGB 88) nach § 102 angemeldet
1
) und die
Grundlagen seiner Verbandskalkulation ausführlich
erläutert. Besonders hervorzuheben ist, daß der VdS
die in der VGV erzielten Abwicklungsgewinne der
letzten zehn Jahre bei der Kalkulation der empfohle-
nen Prämien durch einen mittleren Korrekturfaktor
prämienmindernd berücksichtigt hat. Das Bundeskar-
tellamt wird künftig auch bei neuen Tarifempfehlun-
gen in anderen Bereichen darauf achten, daß dauer-
hafte Abwicklungsgewinne in der Verbandskalkula-
tion angemessen berücksichtigt werden.
Weitere Netto-Tarifempfehlungen hat der VdS 1988
für die Feuer-Industrie- (FI) und Feuer-Betriebsunter-
brechungs-Versicherung (FBU)
2
) sowie für die Tech-
nischen Versicherungen
3
) nach § 102 angemeldet.
Dies sind keine neukalkulierten, sondern um die Ver-
waltungskosten- und Gewinnzuschläge verminderte
Prämiensätze früherer Tarifempfehlungen. Bei der
Anmeldung der Netto-Ta
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fe für die Technischen Ver-
sicherungen hat der VdS die in den früheren Brutto
-
Tarifen enthaltenen Zuschläge im einzelnen zahlen-
mäßig benannt. Das Bundeskartellamt hat den VdS
vorsorglich darauf hingewiesen, daß eine Informa
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der Empfehlungsadressaten über die in den alten
Brutto-Tarifempfehlungen enthaltenen zahlenmäßi-
gen Zuschläge eine Umgehung des Verbots von
Brutto-Tarifempfehlungen und damit mißbräuchlich
ist. Der VdS hat daraufhin seinen Mitgliedern nur den
Wortlaut der neuen Netto-Tarifempfehlungen über-
sandt und auf die zahlenmäßige Angabe der heraus
-
gerechneten Zuschläge verzichtet.
5.
Mitversicherungsgemeinschaften
Das gegen die Mitversicherungsgemeinschaft Rauch-
waren-Einheitsversicherung (MVG) wegen überhöh-
ter Prämien eingeleitete Mißbrauchsverfahren (Tätig-
keitsbericht 1985/86 S. 98) ist ohne Verfügung a/jointfilesconvert/456955/bge-
schlossen worden. Die MVG hat wegen der Bedenken
des Bundeskartellamtes die Prämiensätze im Han-
delswarenbereich zum 1. 1. 1988 um durchschnittlich
18 % gesenkt und bietet gleichzeitig den Versiche-
rungsnehmern eine neue Verkaufspreisklausel an.
Nach dieser Klausel wird im Schadensfall nicht mehr
der Wiederbeschaffungspreis, sondern der um einen
handelsüblichen Aufschlag erhöhte Verkaufspreis als
Ersatzwert für lieferungsfertige eigene Erzeugnisse
zugrundegelegt. Damit kommt ein Großteil der Kun-
den in der Rauchwaren-Einheitsversicherung in den
Genuß eines verbesserten Versicherungsschutzes zu
deutlich niedrigeren Prämien.
6.
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
Bei der koordinierten Beschaffung von Heil- und
Hilfsmitteln schließen die Organisationen der gesetz
-
lichen Krankenkassen mit Berufsverbänden (z. B. für
Krankengymnasten, Masseure, Therapeuten) bzw.
mit Innungen und Innungsverbänden (z. B. Augenop-
tiker, Orthopädietechniker) privatrechtliche Rahmen-
verträge ab, die Preisvereinbarungen enthalten, de-
nen Mitglieder, die ihre Organisationen zuvor nicht
bevollmäch
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gt haben, durch Einzelverträge beitreten
können. Solche Rahmenverträge, die den gesamten
Geschäftsverkehr im Leistungsbereich regeln, setzen
innerhalb jeder Wirtschaftsstufe eine Gruppeneini-
gung und zwischen beiden Wirtschaftsstufen eine Ge-
samteinigung voraus, die den Inhalt des Rahmenver-
trages und der Einzelverträge bestimmen. Dieses
Netz von Vereinbarungen bildet ein einheitliches
Vertragswerk, das nach Ansicht des Bundeskartell-
amtes die Voraussetzungen des Kartellverbotes er-
füllt. Allerdings ermächtigt die Reichsversicherungs-
ordnung (RVO) zum Abschluß der Rahmenverträge,
und damit auch des einheitlichen Vertragswerkes.
Rechtsgrundlage für solche Rahmenverträge, die lan-
des- oder bundesweit gelten, ist — neben § 407 Nr. 2
und § 414 e Buchst. c RVO — vor allem § 376 d RVO.
Diese Vorschrift dient — zusammen mit § 376 c
RVO — dem Ziel, eine rechtliche Grundlage für die
Vereinbarungen der Krankenkassen mit den Lei-
stungsanbietern zu schaffen und damit zu einer Stabi-
lisierung der gerade im Bereich der Heil- und Hilfs-
mittelversorgung erheblich gestiegenen Ausgaben
der GKV beizutragen (BVerfG 70, 1, 19). Der damit
vorprogrammierte Normenkonflikt zwischen § 1 und
§ 376 d RVO ist nach Ansicht des Bundeskartellamtes
dadurch zu lösen, daß ein Rahmenvertrag einschließ-
lich des gesamten Vertragswerks insoweit freigeste
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ist, als er sich hinsichtlich der Vertragsbeteiligten und
der Regelungsinhalte in den Grenzen des § 376 d RVO
hält. Abmachungen über das Werbeverhalten der Lei-
stungserbringer oder die vertragliche Festlegung von
solchen Zulassungsvoraussetzungen, die über den
Rahmen objektiver Kriterien für die Leistungsanbieter
hinausgehen, sind aber von dieser Vorschrift nicht
gedeckt.
Wasser
-
und Energieversorgung (82)
Im Berichtszeitraum ist verstärkt die Frage nach der
Vereinbarkeit des in der Bundesrepublik praktizier-
ten Systems geschlossener Versorgungsgebiete in der
Strom- und Gasversorgung mit dem europäischen Ge-
meinschaftsrecht gestellt worden. Durch das flächen-
deckende Netz von Demarka
ti
ons- und Konzessions-
verträgen, durch Ausschließlichkeitsbindungen in
Stromlieferverträgen sowie durch die Verweigerung
der Durchleitung von Energie in andere Versorgungs-
gebiete werden nicht nur inländische Versorgungsun-
ternehmen, sondern auch Versorgungsunternehmen
aus benachbarten EG-Mitgliedstaaten daran gehin-
dert, eine öffentliche Versorgung in der Bundesrepu-
blik aufzunehmen.
Bisher liegen dem Bundeskartellamt jedoch keine
konkreten Beschwerden ausländischer Lieferanten
oder inländischer Strombezieher vor, die Anlaß geben
könnten, solche Verträge oder Durchleitungsverwei-
gerungen im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den
Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrages zu prüfen.
1)
Bundesanzeiger 1988, S. 3298 und 5344
2)
Bundesanzeiger 1988, S. 2065
3)
Bundesanzeiger 1988, S. 4587
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