
Drucksache
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Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
genannt wurden. Soweit dem Bundeskartellamt im Berichtszeit-
raum sachlich nicht gerechtfertigte Konditionen bekanntgewor-
den sind, handelte es sich um
—
nachträgliche Konditionenanpassungen,
—
sogenannte Nummer-Eins-Rabatte, mit denen die bloße Größe
des Nachfragers in einer bestimmten Vertriebsschiene oder
Region honoriert werden sollte, und
—
Jubiläumsboni.
Das Bundeskartellamt konnte in diesen Fällen zumeist erreichen,
daß die beanstandeten Mißbräuche auch ohne förmliche Entschei-
dung aufgegeben wurden.
Novellierung
Das Bundeskartellamt hat bislang sein Vorgehen gegen sachlich
nicht gerechtfertigte Konditionenforderungen auf die Vorschriften
des § 26 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 gestützt, der „abhängige Unter-
nehmen" unabhängig von ihrer Größe vor Behinderungs- und Dis-
kriminierungspraktiken schützt. Unter Hinweis auf diese Vor-
schriften konnten marktmächtige Nachfrager relativ „geräusch-
los" zu einer Aufgabe des Mißbrauchs veranlaßt werden. Nach
dem Regierungsentwurf einer Fünften GWB-Novelle soll der Kreis
der durch § 26 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 geschützten Anbieter und
Nachfrager künftig auf kleine und mittlere Unternehmen einge-
engt werden. Industrielle Anbieter, die auf ihren Märkten nicht
zum Kreis der kleinen und mittleren Unternehmen zählen, können
daher in Zukunft § 26 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 nicht mehr in
Anspruch nehmen, wenn sie von marktmächtigen Handelsunter-
nehmen zur Gewährung von Vorzugskonditionen veranlaßt wer-
den. Das gleiche gilt für die industriellen Bauunternehmen, die
über zahlreiche Mißbräuche bei der Nachfrage der öffentlichen
Hand nach Bauleistungen Beschwerde führen. In diesen Fällen
wird sich das Bundeskartellamt dann auf § 22 Abs. 4 stützen müs-
sen. Im Lebensmittelhandel wird die Bekämpfung sachlich nicht
gerechtfertigter Vorzugskonditionen allerdings dadurch beson-
ders erschwert, daß nach der Entscheidung des Kammergerichts
im Zusammenschlußfall Coop/Wandmaker (Tätigkeitsberichte
1983/84 S. 91, 1985/86 S. 77 f.) für die führenden Unternehmen des
Lebensmittelhandels jedenfalls zur Zeit Marktbeherrschung nicht
nachweisbar ist.
Durch die Regelung des § 37 a Abs. 3, die im Rahmen der Vierten
Novelle in das Gesetz eingefügt worden ist, sollte unbil
li
gen Be-
hinderungen Meiner und mittlerer Wettbewerber durch Konkur-
renten mit überlegener Marktmacht wirksamer begegnet werden.
Da sich die Vorschrift in der Praxis jedoch als weitgehend wir-
kungslos erwiesen hat, sieht der Regierungsentwurf einer Fünften
Kartellgesetznovelle vor, die Norm in § 26 zu übernehmen, um den
geschützten Unternehmen damit den Zivilrechtsweg zu eröffnen.
Ferner soll durch Streichung der Tatbestandsmerkmale „Fähigkeit
zur Beeinflussung der Marktverhältnisse" und „Eignung zur nach-
haltigen Beeinträchtigung des Wettbewerbs" die Vorschrift leich-
ter anwendbar werden. Danach wird die Auslegung des Merkmals
„unbil
li
ge Behinderung" darüber entscheiden, ob die mit der vor-
gesehenen Änderung der Vorschrift verknüpfte Erwartung eines
verbesserten Schutzes kleiner und mittlerer Unternehmen auch
tatsächlich erfüllt werden kann. Bisher hat der Bundesgerichtshof
dieses Merkmal sehr eng ausgelegt (Tätigkeitsbericht 1985/86
S. 19).
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