
Drucksache
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Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
Hilfe der Fusionskontrolle zu begrenzen, erheblich eingeschränkt
worden (Tätigkeitsbericht 1985/86 S. 8 f., 77f.). Nach Auffassung
des Bundeskartellamtes gilt es daher, bei der Anwendung des Kar-
tellverbotes gegen Einkaufskooperationen des Handels das
Gleichgewicht der bisherigen Gesetzesanwendung zu wahren und
die Konzentration nicht zusätzlich zu fördern. In einer Aussprache
mit den Vertretern der verschiedenen Handelsverbände hat das
Bundeskartellamt im Dezember 1987 dargelegt, von welchen
Überlegungen es sich bei der Beurteilung von Einkaufsvereinigun-
gen bis zu der von der Bundesregierung angekündigten gesetzli-
chen Neuregelung leiten lassen wird. Das Bundeskartellamt bean-
standet Einkaufskooperationen des Handels nicht, wenn
—
die Zusammenarbeit freiwillig erfolgt. Das bedeutet, daß Be-
zugsbindungen, die die Kooperationsmitglieder in der Wahl
ihrer Lieferanten beschränken, nicht praktiziert werden dürfen.
Die bloße wi
rt
schaft
li
che Sogwirkung, die sich aus der Mit-
gliedschaft in einer Einkaufskooperation ergibt und zu einem
weitgehenden Bezug über die Kooperation führt, ist nicht zu
beanstanden;
—
die Kooperation dem Nachteilsausgleich für kleine und mittlere
Unternehmen dient. Dies kann nicht allgemein, sondern nur im
Hinblick auf die jeweiligen Branchenverhältnisse beurteilt wer-
den. Die Dynamik der Märkte muß berücksichtigt werden. Zum
Beispiel ist die für den Lebensmittelhandel bei Einleitung des
Selex/Tania-Verfahrens genannte Milliardengrenze durch die
Entwicklung in diesem Bereich heute überholt. Auch einzelne
größere Unternehmen können an Kooperationen teilnehmen,
wenn deren Beteiligung für den Erfolg der Kooperation erf
or-
derlich ist. Die Unternehmen der Spitzengruppe einer Branche
kommen dafür allerdings nicht in Betracht, da deren Teilnahme
nicht so sehr dem Nachteilsausgleich der kleinen und mittleren
Unternehmen als vielmehr der Absicherung des Wettbewerbs-
vorsprungs der Großunternehmen dient;
—
der We
tt
bewerb durch die Kooperation nicht wesentlich beein-
trächtigt wird. Auch dieses Kriterium kann nicht mit absoluten
Zahlen festgeschrieben werden, sondern muß für jede Branche
entsprechend ihrer Struktur bestimmt werden. Als Orientie-
rungshilfe können hier die in den Gesetzesmaterialien zu § 5 b
genannten Marktanteile von 10-15 % dienen. Die kritische
Grenze ist aber auch abhängig von dem Umfang und der Qua-
lität der vereinbarten Wettbewerbsbeschränkungen. Die kriti-
sche Grenze liegt um so höher, je weniger vertragliche oder
tatsächliche Bindungen bestehen.
Mit dem Gedanken des Nachteilsausgleichs unvereinbar sind Ein-
schränkungen der Handlungsfreiheit der Mitglieder, die über das
für die Funktionsfähigkeit der Kooperation erforderliche Maß hin-
ausgehen. Dazu gehören neben den oben genannten Bezugsbin-
dungen grundsätzlich auch Platzschutzklauseln.
Das Bundeskartellamt ist aber bereit, dem Bedürfnis der Einkaufs-
kooperationen nach gemeinsamen Marketingaktivitäten im Ver-
trieb entgegenzukommen, weil Kooperationen beim Vertrieb
verstärkt im Wettbewerb mit vertikal strukturierten Vertriebs-
systemen stehen, die nach einer bestimmten Marketingidee
arbeiten (Franchisesysteme). Diese Systeme, deren Systemköpfe
(Franchisegeber) von den Vertriebspartnern unabhängig sind, un-
terliegen nach der Systematik des GWB nur dem Verbot des § 15
und der Mißbrauchsaufsicht nach § 18. Einkaufskooperationen un-
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