
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
Drucksache 11/4611
nicht durch Wettbewerbsbeschränkungen auf der
Handelsstufe gelöst werden. Aufgrund der Beanstan-
dungen des Bundeskartellamtes hat die betroffene
Arbeitsgemeinschaft von Apothekern ihr Vorhaben
inzwischen aufgegeben.
Der Wettbewerb der Arzneimittelhersteller um den
Verkauf an Krankenhäuser unterliegt Strukturfakto-
ren, die anders als der Absatz an öffentliche Apothe-
ken Preiswettbewerb begünstigen. Die Krankenhaus-
apotheken haben ein eigenes Interesse an günstigen
Einkaufspreisen, was für die öffentlichen Apotheken
wegen der prozentualen Aufschläge der Arzneimittel-
preis-Verordnung nicht in gleicher Weise gilt. Die
Hersteller ihrerseits wollen die Werbewirkung nut-
zen, die von den im Krankenhaus verordneten Arznei-
mittel auf den viermal größeren Absatz in den öffent-
lichen Apotheken ausgeht. Arzneimittel werden des-
halb an Krankenhäuser allgemein zu sehr viel niedri-
geren Preisen a/jointfilesconvert/456955/bgegeben als an öffentliche Apothe-
ken. Der Bundesverband der pharmazeutischen Indu-
strie strebte daher die Anerkennung von Wettbe-
werbsregeln für die Belieferung von Krankenhäusern
mit Arzneimitteln nach § 28 an. Die geplanten Wett-
bewerbsregeln enthielten Vorschriften über die Füh-
rung und Offenlegung von Preislisten, ein Gebot der
Preislistentreue sowie ein Verbot des Verkaufs unter
Selbstkosten und der kostenlosen A/jointfilesconvert/456955/bgaben von Arz-
neimitteln. Die Einführung dieser Bestimmungen
hätte den Preiswettbewerb wesentlich beeinträchtigt
und ist daher vom Bundeskartellamt beanstandet wor-
den. Der Bundesverband hat das Vorhaben daraufhin
nicht weiter verfolgt.
Die Kabi Vitrum GmbH, München, hat eine Mehr-
heitsbeteiligung an der Pfrimmer GmbH & Co. KG,
Erlangen erworben. Das Bundeskartellamt hat diesen
Zusammenschluß nicht untersagt. Die Kabi Vitrum
GmbH gehört zum schwedischen Staatskonzern Pro-
cordia AB. Der Schwerpunkt des erworbenen Famili-
enunternehmens Pfrimmer liegt bei Infusionslösun-
gen. Es ist auf diesem Markt mit einem Marktanteil
von etwas über 20 % nach der Fresenius AG, Bad
Homburg, und der B. Braun Melsungen AG, Melsun-
gen, drittgrößter Anbieter. Von den übrigen Anbie-
tern, zu denen auch Weltkonzerne der Pharmaindu-
strie gehören, erreicht das größte nur 5 %. Die drei
vom Marktanteil her führenden Anbieter erfüllen die
Voraussetzungen der qualifizierten Oligopolvermu-
tung des § 23 a Abs. 2. Nach den getroffenen Feststel-
lungen kann jedoch Pfrimmer nicht zu der Oligopol-
gruppe gerechnet werden. Dies ergibt sich zum einen
aus der gegenläufigen Umsatzentwicklung zwischen
Fresenius und Braun einerseits und Pfrimmer ande-
rerseits. Ferner verfügen die beiden Marktführer über
wesentlich stärkere marktrelevante Ressourcen und
erzielen ein Mehrfaches der Umsätze von Pfrimmer.
Dieses kaum diversifizierte Unternehmen ist inzwi-
schen an die Grenzen gestoßen, die sich aus seiner
sehr viel schwächeren Posi
ti
on gegenüber Fresenius
und Braun ergeben. Ohne Anlehnung an ein starkes
Unternehmen wie Kabi Vitrum liefe Pfrimmer Gefahr,
seinen Charakter als mit den führenden Unternehmen
vergleichbarer, innovativer Anbieter zu verlieren. Der
Zusammenschluß ist daher geeignet, einer weiteren
Marktverengung entgegenzuwirken, ohne zur Ent
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stehung oder Verstärkung einer marktbeherrschen-
den Stellung zu führen.
Das Bundeskartellamt hat Änderungen der Wettbe-
werbsregeln des „Kodex der Mitglieder des Bundes-
verbandes der Pharmazeutischen Indust
ri
e e. V." an-
erkannt.l) Mit diesen Änderungen paßt der Bundes-
verband die bisherigen Wettbewerbsregeln an das
Zweite Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgeset-
zes vom 16. August 1986 (BGBl. I S. 1996) an und be-
rücksichtigt die Einführung eines zentralen Abruf-
und Versandsystems für die Fachinformation (Ge-
brauchsinformation für Fachkreise) durch den Ver-
band. Materiell betreffen die Änderungen vor allem
bisher schon bestehende Regelungen zur Fachinfor-
mation, zur Meldung von Nebenwirkungen durch die
Pharmaunternehmen, zur klinischen Prüfung von
Medikamenten und zur A/jointfilesconvert/456955/bgabe von Arzneimittelmu-
stern.
Sonstige chemische Erzeugnisse (49)
Das Bundeskartellamt hat der C. Olivet
ti
& Co.
S. p. A., Italien, nicht untersagt, sich an der Pelikan
Holding AG, Schweiz, zu beteiligen. Das Vorhaben ist
bisher nicht realisiert worden. Pelikan produziert Bü-
roartikel und Zubehör für schreibende und druckende
Systeme. Olivet
ti
stellt neben Schreibmaschinen,
Computern und Druckern ebenfalls Zubehör her. Das
Angebot beider Unternehmen überschneidet sich bei
Farbbändern, Farbbandkassetten und Farbtüchern
für schreibende und druckende Systeme. Die Bänder
usw. sind in ihrer Funktion weitgehend identisch und
können deshalb ungeachtet der Anpassung an ver-
schiedene Maschinentypen zu einem Gesamtmarkt
zusammengefaßt werden. Dabei ist jedoch zwischen
dem Absatz an Handel und Endverbraucher einer-
seits, und an Maschinenhersteller, die das Zubehör
z. T. unter eigener Marke vertreiben andererseits zu
unterscheiden. Beim Absatz an Handel und Endver
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braucher erreichen Olivetti/Pelikan einen Marktan-
teil von 30 %. Sie erfüllen zusammen mit dem Büro-
maschinenhersteller IBM und dem Farbbandherstel-
ler Geha die qualifizierte Oligopolvermutung des
§ 23 a Abs. 2. Die Vermutung ist aber wegen der un-
terschiedlich gelagerten Interessen von Maschinen-
und Zubehörherstellern, der erheblichen Produktdif-
ferenzierung, des stark expandierenden Marktes und
wegen der für Teilbereiche niedrigen Marktzutritts-
schranken widerlegt. Diese Marktstrukturen lassen
auch zukünftig wesentlichen Wettbewerb erwarten.
Die starke Stellung von Pelikan auf dem relevanten
Markt für Zulieferungen an Maschinenhersteller wird
durch den Zusammenschluß nicht spürbar verstärkt.
Olivet
ti
hat sein Zubehör im wesentlichen selbst her-
gestellt, und die bisher von Pelikan belieferten Ma-
schinenhersteller sind in der Lage, auf andere Zulie-
ferer auszuweichen.
Das Bundeskartellamt prüft gegenwärtig die vollzo-
gene mehrheitliche Beteiligung der Pelikan Holding
AG, Schweiz, an der Geha-Werke GmbH, Hannover.
Der Zusammenschluß bet
ri
fft neben Schrei/jointfilesconvert/456955/bgeräten
und konventionellen Büroartikeln ebenfalls die
1
) Bundesanzeiger 1987, S. 14657 und 1988 S. 4243
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