
Drucksache
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Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
hatte das Kammergericht mit Beschluß vom 3. Februar 1988
(WuW/E OLG 4152) das Verfahren eingestellt, weil nach seiner
Ansicht der erhobene Vorwurf dieselbe Tat erfaßt habe, die bereits
Gegenstand des rechtskräftig a/jointfilesconvert/456955/bgeschlossenen Verfahrens gewe-
sen sei. Es sei derselbe geschichtliche Vorgang wie im früheren
Verfahren wiederaufgegriffen und nur rechtlich anders bewe
rt
et
worden. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hin
hat der Bundesgerichtshof den Beschluß des Kammergerichts auf-
gehoben und die Sache zurückverwiesen (Beschluß vom 25. Okto-
ber 1988). Die Tatsache, daß Gegenstand des früheren und des
anhängigen Verfahrens dieselben Absprachen in Bezug auf diesel-
ben Bauobjekte seien, begründe allein keine Tatidentität im Sinne
von § 264 StPO zwischen den damals und den erneut erhobenen
Vorwürfen. Der als Aufsichtspflichtverletzung bewe
rt
ete, gegen
ein Vorstandsmitglied gerichtete Vorwurf, keine generellen Orga-
nisationsverfügungen erlassen zu haben, sei mit dem Vorwurf, sich
in demselben Zeitraum an Baupreisabsprachen beteiligt zu haben,
jedenfalls dann nicht identisch, wenn sich der Beteiligungsvorwurf
nicht auf das Unterlassen der allgemeinen Maßnahmen be-
schränke, sondern ein weiteres Verhalten erfasse, wie etwa das
bewußte Unterlassen besonderer, speziell für eine bestimmte Nie-
derlassung notwendiger Maßnahmen. In dem Bußgeldbescheid
von 1987 sei dem Be
tr
offenen als Leiter einer bestimmten Nieder-
lassung konkret vorgeworfen worden, zwar Ermahnungen gege-
ben, aber keine Konsequenzen angedroht und Überprüfungen
unterlassen zu haben. Daraus ergebe sich hinreichend deutlich,
daß dem Be
tr
offenen nicht nur der fortdauernde Organisa
ti
ons-
mangel nunmehr als Beteiligung an Ordnungswidrigkeiten
ange-
lastet, sondern ihm ein Verhalten vorgeworfen werde, aus dem
geschlossen werden könne, daß er die Absprachen mindestens bil-
ligend in Kauf genommen habe.
Zuständigkeit und
Untersuchungs
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rechte zur Verfol
-
gung von Verstößen
gegen EG-Recht
Mit Beschluß vom 4. November 1988 (Ka
rt
11/88) hat das Kammer-
gericht das Vorhandensein einer Zuständigkeit und das Bestehen
von Untersuchungsrechten der nationalen Kartellbehörde zur Ver-
folgung von Verstößen gegen EG-Recht verneint. Das Bundeskar-
tellamt hatte einen Auskunftsbeschluß gegen mehrere Flughafen-
gesellschaften erlassen mit der Begründung, es bestehe der Ver-
dacht, daß die be
tr
offenen Unternehmen durch die koordinierte
Festsetzung unterschiedlicher Tarife für den innerdeutschen und
den grenzüberschreitenden Verkehr gegen A
rt
. 85 Abs. 1 und
A
rt
. 86 EWGV verstoßen hätten.
Das Kammergericht hat den Beschluß des Bundeskartellamtes auf-
gehoben und ausgeführt, zwar sehe das EG-Recht die Anwendung
seiner Wettbewerbsregeln durch na
ti
onale Behörden vor, über-
lasse aber dem nationalen Gesetzgeber die Bestimmung der Zu-
ständigkeit und die Schaffung des verfahrensrechtlichen Instru-
mentariums zu seiner Durchsetzung. In der Bundesrepublik sei
dem Bundeskartellamt weder eine umfassende Kompetenz noch
eine verfahrensrechtliche Befugnis zur eigenständigen Durchset-
zung des Gemeinschaftsrechts verliehen worden. Weder A
rt
. 88
EWGV noch die zur Durchsetzung der Wettbewerbsregeln ergan-
genen Rats-Verordnungen bestimmten die zuständige na
ti
onale
Behörde. Sie verschafften ihr auch kein Verfahrensrecht. Die Zu-
ständigkeit der nationalen Gerichte und Behörden zum Vollzug
des Gemeinschaftsrechts müsse aufgrund des nationalen Verfas-
sungs- und Gesetzesrechts bestimmt werden. Die Mitgliedstaaten
könnten zur Durchsetzung der Wettbewerbsregeln Kartellbehör-
den be
tr
auen, müßten es aber nicht. Erforderlich sei daher eine
besondere innerstaatliche Zuweisung, die bisher in der Bundesre-
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