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Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
summe von 56,5 Mio. DM sind Bußgelder gegen 61 Unternehmen
und 90 verantwortliche Personen in Höhe von 24,95 Mio. DM
rechtskräftig geworden.
Inzwischen hat das Bundeskartellamt im Heizungs-, Klima- und
Lüftungsbau Submissionsabsprachen von vergleichbarem Umfang
aufgedeckt. Hier sind bisher Bußgelder von 16,8 Mio. DM gegen
20 Unternehmen und 45 verantwortliche Personen rechtskräftig
geworden (S. 89).
Die wiederholten Bußgeldverfahren im Bau- und Baunebenge-
werbe zeigen, daß sich Submissionsabsprachen für die Beteiligten
nach wie vor lohnen. Eine größere Abschreckung wird möglicher-
weise erzielt, wenn künftig verstärkt Mitglieder der Unterneh-
mensführung als Beteiligte an Preisabsprachen unmittelbar zur
Verantwortung gezogen werden. Ein erstes Signal in diese Rich-
tung hat die Rechtsprechung bereits gegeben. Der Bundesge-
richtshof hat in zwei Entscheidungen ausgeführt, das Unterlassen
von Aufsichtsmaßnahmen sei eine Beteiligung an Submissionsab-
sprachen nach § 14 OWiG, wenn ein Aufsichtspflichtiger Auf-
sichtsmaßnahmen bewußt unterlasse, obwohl in bestimmten Nie-
derlassungen die Gefahr von Submissionsabsprachen besonders
groß sei (WuW/E BGH 2394 — KRB 8/86; WuW/E BGH 2543 —
KRB 2/88). Rechne ein Vorstandsmitglied mit Submissionsabspra-
chen und nehme es sie billigend in Kauf, so komme es nicht darauf
an, ob ihm die Absprachen im einzelnen bekannt seien. Ein Unter-
lassen jeglicher Aufsichtsmaßnahmen sowie eigene Beteiligungen
an früheren Absprachen seien Indizien für einen Beteiligungsvor-
satz.
Das Bundeskartellamt wird auf der Basis dieser Entscheidungen
des Bundesgerichtshofs künftig gegen Vorstandsmitglieder und
Geschäftsführer auch dann wegen Beteiligung an Absprachen er-
mitteln, wenn ein unmittelbares Mitwirken nicht festzustellen ist,
aber Anhaltspunkte dafür bestehen, daß Kartellverstöße billigend
in Kauf genommen wurden.
4.4. Strukturkrisenkartelle
Seit der Verabschiedung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbe-
schränkungen sind bisher zwei Strukturkrisenkartelle wirksam
geworden. Dies entspricht dem Ausnahmecharakter der Freistel-
lung (§ 4) derar
ti
ger Kartelle. Nach der Grundausrichtung des Kar-
tellgesetzes soll die Steuerung konjunktureller und struktureller
Anpassungsprozesse über den Markt erfolgen.
Das erste vom Bundeskartellamt im Jahr 1983 legalisie
rt
e Struk-
turkrisenkartell der Hersteller von Betonstahlmatten (Tätigkeits-
berichte 1983/84 S. 39, 74, 1985/86 S. 57) ist inzwischen nach einer
Gesamtlaufzeit von fünf Jahren beendet worden (S. 56f.). Die Un-
ternehmen haben in dieser Zeit von einer Gesamtkapazität von
etwa 2 000 000 jato etwa 800 000 jato a/jointfilesconvert/456955/bgebaut und damit ihre
Kapazitäten an den verringerten Bedarf angepaßt. Das Kartell hat
auch dazu beigetragen, daß es nicht zu einer krisenhaften Zuspit-
zung des Anpassungsprozesses gekommen ist und daß eine Reihe
an sich leistungsfähiger kleiner und mittlerer Unternehmen vor
dem Ausscheiden aus dem Markt bewah
rt
wurden. Es hat sich
andererseits aber auch gezeigt, daß sich hinter dem Schutzzaun
„Strukturkrisenkartell" auch Grenzbetriebe am Markt halten
konnten und nicht nur die Anlagen mit den schlechtesten Kosten-
strukturen stillgelegt wurden.
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