
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
Drucksache 11/4611
verträge in Freistellungsverfahren nach § 103 grund-
sätzlich mit ihrem vollständigen Wortlaut angemeldet
werden sollen. Die Wahrung der sich aus den Ver-
tragsanlagen ergebenden Geschäftsgeheimnisse wird
durch die Kartellbehörden sichergestellt. In der Praxis
des Bundeskartellamts haben sich in diesem Zusam-
menhang bisher keine Schwierigkeiten ergeben.
Elektrizitätsversorgung
Das Bundeskartellamt hat die mit der zusätzlichen
Kostenbelastung aus der Großfeuerungsanlagenver-
ordnung (GFAVO) begründeten Strompreiszuschläge
der Vereinigten Elektrizitätswerke AG nicht bean-
standet. Die Prüfung erfolgte — wie im a/jointfilesconvert/456955/bgeschlosse-
nen Verfahren über die entsprechenden RWE-Preis-
erhöhungen — nach den im Tätigkeitsbericht 1985/86
(S. 101 f.) dargestellten Grundsätzen. Die Gesamtpro-
blematik hat sich inzwischen dadurch entschärft, daß
die Kosten der Rauchgasreinigungsanlagen hinter
den Vorausschätzungen zurückgeblieben sind und
sich die Ertragslage der EVU auch durch die Primär-
energiepreissenkung und die Zahlungen aus dem
Ausgleichsfonds nach dem 3. Verstromungsgesetz
weiter verbessert hat. Die kartellrechtliche Miß-
brauchsaufsicht wird deshalb künftig verstärkt darauf
achten, daß die Preise nach einem Wegfall außeror-
dentlicher Kostenbelastungen entsprechend gesenkt
werden.
Das Beschwerdeverfahren gegen die Mißbrauchsver-
fügung der Landeskartellbehörde Bayern vom 19. Juli
1984 (WuW/E LKartB 269) gegen die Lech-Elektrizi-
tätswerke AG (LEW) ist durch einen Vergleich been-
det worden. Die LEAG hat sich bereit erklärt, die
Strompreise für die Normsondervertragskunden im
Rahmen einer bestimmten Toleranzschwelle an ent-
sprechenden Preisen der Vorlieferantin (RWE) auszu-
richten, die Preisstruktur im Verhältnis zwischen Son-
derabnehmern und Tarifabnehmern kostenverursa-
chungsgerecht zu gestalten und Preise für Sonderab-
nehmer grundsätzlich nicht um einen höheren Pro-
zentsatz zu erhöhen, als für die Tarifabnehmerpreise
von der Aufsichtsbehörde genehmigt wird. Des weite-
ren hat die LEAG die künftigen Erhöhungsspielräume
im Rahmen ihrer Preisgleitklausel spürbar einge-
grenzt. Dieser Ausgang des Verfahrens ist ein bedeut-
samer Beitrag zur Durchsetzung der sogenannten
Vertikalentschließung der Kartellreferenten des Bun-
des und der Länder vom 10./11. Juni 1965 (WuW/E
KRT 49) hinsichtlich der Preisgestaltung für Sonder-
abnehmer. Die dabei zugrundegelegten Maßstäbe
werden auch vom Bundeskartellamt, das am Verfah-
ren der Landeskartellbehörde Bayern beteiligt war, in
der Mißbrauchsaufsicht über Strompreise angewen-
det.
Das Bundeskartellamt hat das Eigenerzeugungsver-
bot beanstandet, das in einem neu angemeldeten
Stromliefer- und Demarkationsvertrag zwischen der
Überlandwerk Nord-Hannover AG (ÜNH) und der
Stadtwerke Bremerhaven AG enthalten war. Es hat
sich dabei auf die Entschließung der Kartellreferenten
des Bundes und der Länder vom Oktober 1981 (WuW
1981 S. 856) gestützt, nach der solche Wettbewerbs-
beschränkungen nicht nach § 103 Abs. 1 freistel
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lungsfähig sind. In dem Vertrag hatten sich die Stadt-
werke verpflichtet, jede Eigenerzeugung in Konden-
sationskraftwerken zu unterlassen, höchstens 50 % ih-
res Strombedarfs aus der ra
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en Energienutzung
in eigenen Anlagen oder durch Einspeisung aus sol-
chen Anlagen zu decken und darüber hinaus eine
weitere eigene Erzeugung nur in einem Gemein-
schaftsunternehmen mit ÜNH zu betreiben. Derartige
Verbote sind nicht vom Sinn und Zweck der Freistel-
lung nach § 103 Abs. 1 gedeckt, sondern setzen unzu-
lässigerweise an die Stelle der hoheitlichen Investi-
tionskontrolle nach § 4 des Energiewirtschaftsgeset-
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vate Kontrolle durch die Versorgungsun-
ternehmen mit dem Mittel der Kartellabsprache. Auf-
grund der Beanstandung durch das Bundeskartellamt
haben die Unternehmen auf das Erzeugungsverbot
verzichtet und statt dessen eine Sprechklausel für den
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vereinbart, daß die Stadtwerke mehr als 50 %
ihres Strombedarfs selbst erzeugen.
Das Bundeskartellamt hat bereits im vorangegange-
nen Berichtszeitraum ein Verbot jeder stromwirt-
schaftlichen Betätigung im Versorgungsgebiet des
anderen Vertragspartners beanstandet, das in dem
Demarkationsvertrag zwischen der Hamburger Elec-
tricitäts-Werke AG und der PreussenElektra AG als
Rechtsnachfolgerin der Nordwestdeutschen Kraft-
werke AG enthalten war. Diese Klausel ist in der Zwi-
schenzeit von den Vertragsparteien aufgehoben und
durch eine engere, auf die öffentliche Versorgung be-
schränkte Fassung ersetzt worden, die nach § 103
Abs. 1 Nr. 1 freigeste
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t ist.
Beteiligungen von Verbundunternehmen oder von
Weiterverteilern an von ihnen beliefe
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en örtlichen
Versorgungsunternehmen beurteilt das Bundeskar-
tellamt nach den im Tätigkeitsbericht 1981/82 (S. 87)
dargelegten Grundsätzen. Danach kommt es in Fällen
einer „Insellage" des örtlichen EVU im Gebiet des
Erwerbers entscheidend darauf an, ob eine wettbe-
werbliche Alterna
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ve in der Form einer Eigen- oder
Drittversorgung besteht. Unter diesem Aspekt ist in
einem informellen Vorverfahren der Beteiligungsab-
sicht eines Verbundunternehmens an einem kommu-
nalen EVU widersprochen worden. Daraufhin ist das
Vorhaben aufgegeben worden. Dagegen ist die Über-
nahme der C. Klingers Erben Elektrizitätswerk Na-
gold (EWN) durch die Energie-Versorgung Schwaben
AG (EVS), bei der EWN über 90 % des Strombedarfs
deckt, nicht untersagt worden. Die Errichtung einer
Eigenerzeugungsanlage oder die Beteiligung an einer
solchen durch EWN kam aus wi
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schaft
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chen Grün-
den nicht in Betracht. Auch die Übernahme der Ver-
sorgung in dem Gebiet der EWN durch ein anderes
EVU war nicht zu erwarten, da sich die Gemeinden in
diesem Gebiet für eine Vergabe der Konzession an
EVS entschieden hatten.
2. Gasversorgung
Die Kartellreferenten des Bundes und der Länder ha-
ben am 14. Oktober 1988 folgende Entschließung zur
Gaspreisentwicklung bei Einführung der Erdgas-
steuer zum 1. Januar 1989 gefaßt:
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