
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
Drucksache 11/4611
die möglicherweise auf einem anderen vom Zusammenschluß be-
troffenen Markt festgestellten Wettbewerbsverbesserungen die
Nachteile der Marktbeherrschung auf dem anderen Markt über-
wiegen. Dabei obliegt den beteiligten Unternehmen bei einge-
schränktem Amtsermittlungsprinzip die Darlegungs- und Beweis-
last. Im Rahmen dieser Abwägung zieht das Bundeskartellamt in
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung allerdings nur solche
Wettbewerbsverbesserungen heran, die allein durch den geprüf-
ten Zusammenschluß und nicht auch auf eine weniger wettbe-
werbsbeschränkende Weise bewirkt werden können (WuW/E
OLG 3773 — Panorama Anzeigenblatt).
Aufgrund einiger besonders gelagerter Fälle hat das Bundeskar-
tellamt im Berichtszeitraum auch geprüft, ob im Rahmen der Ab-
wägungsklausel die Auswirkungen mehrerer Zusammenschlüsse
insgesamt zu berücksichtigen sind, wenn daran ein oder mehrere
Unternehmen zeitgleich beteiligt sind. Das Bundeskartellamt wird
künftig wegen des Rechtscharakters der Abwägungsklausel als
einer Ausnahme vom allgemeinen Fusionsverbot bei Marktbeherr-
schung nur noch solche Verbesserungen von Wettbewerbsbedin-
gungen in die Abwägung einbeziehen, die auf einen wi
rt
schaft
li
ch
einheitlichen Zusammenschluß zurückgehen. Dabei muß es sich
um denselben Zusammenschluß handeln, der auch ursächlich für
die Wettbewerbsverschlechterung ist. Das bloße zeitliche Zusam-
mentreffen mehrerer Zusammenschlußvorhaben eines Erwerbers
reicht also nicht aus, um eine Gesamtbetrachtung aller wettbe-
werblichen Auswirkungen dieser Vorhaben zu rechtfertigen. Auch
die Zusammenfassung mehrerer Erwerbsvorgänge an verschiede-
nen Unternehmen in einem Vertrag oder Geschäft führt nicht stets
zur Annahme eines wirtschaftlich einheitlichen Zusammenschlus-
ses. So hat z. B. das Bundeskartellamt bei der Untersagung des
Zusammenschlusses ,Flensburger Tageblatt/Schleswig-Holsteini-
sche Landeszeitung' diesen Zusammenschluß getrennt von dem
Zusammenschluß des ,Flensburger Tageblattes' mit der ,Nord-
deutschen Rundschau' geprüft, obwohl beide Zeitungen zeitgleich
und mit einem Vertragswerk erworben worden waren (WuW/E
BKartA 2292).
Zusagen zur Abwendung eines Zusammenschlusses nimmt das
Bundeskartellamt nur von Fa
ll
zu Fall entgegen. Sie beziehen sich
in aller Regel auf die Besei
ti
gung der Wettbewerbsbeschränkung
und nicht auf die Verbesserung von Wettbewerbsbedingungen.
Zusagen zu Wettbewerbsverbesserungen kommen im Rahmen der
Abwägungsklausel allenfalls in besonders gelagerten Einzelfällen
in Betracht. Sie müssen dabei ebenfa
ll
s auf dem vom Zusammen-
schluß betroffenen Markt eintreten und dürfen nicht auf einen
beliebigen „dritten" Markt gerichtet sein.
2.6. Zusammenschlußtatbestand
Das Bundeskartellamt mußte sich in den Jahren 1987/88 mit einer
Reihe von Versuchen zur Umgehung der Fusionskontrolle ausein-
andersetzen. Zum Teil ist das Bundeskartellamt dabei auch erfolg-
reich gewesen. So entspricht es auch nach Auffassung des Kam-
mergerichts nicht dem Sinn und Zweck der Fusionskontrolle, wenn
zur Vermeidung eines Zusammenschlußtatbestandes wirtschaft-
lich identische Einheiten, die nur rechtlich getrennt sind, jeweils
Anteile in einer Höhe erwerben, die einzeln nicht der Fusionskon-
trolle unterliegen, insgesamt aber kontrollpflichtig sind (WuW/E
OLG 4095 — Weiss Druck/S-W Verlag).
Komentáře k této Příručce