
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
Drucksache 11/4611
Kulturelle Leistungen (74)
1. Zeitungs-/Zeitschriftenverlage und
Anzeigenblätter
Eine Reihe von Zeitungsfusionen hat den Konzentra-
tionsgrad weiter erhöht. Besonders stark ist der Kon-
zentrationsgrad in Schleswig-Holstein gestiegen. Die
expandierenden Verlage von Tageszeitungen haben
ihr Verbreitungsgebiet zumeist durch den Erwerb an-
grenzender Lokal- oder Regionalzeitungen und nicht
durch die Herausbringung der eigenen Zeitung im
Verbreitungsgebiet konkurrierender Tageszeitungen
ausgedehnt. Ein Ausnahmefall ist das Eindringen des
Mittelrhein-Verlages mit einer Ausgabe der Rhein-
Zeitung in das Verbreitungsgebiet der Allgemeinen
Zeitung der Mainzer Verlagsanstalt. In einigen Fällen
sind auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedin-
gungen auf Anzeigenmärkten durch den Erwerb von
Anzeigenblättern durch Tageszeitungs- oder Zeit-
schriftenverlage im Verbreitungsgebiet anderer Ta-
geszeitungen eingetreten.
Das Bundeskartellamt hat die Beteiligungen der Axel
Sp
ri
nger Verlag AG (ASV AG) in Höhe von je 24,5
an der Kieler Zeitung, Verlags und Druckerei KG-
GmbH & Co. (Kieler Verlags KG), an der Kieler Zei-
tung GmbH & Co. Offsetdruck KG (Offset KG) und an
deren Komplementärgesellschafter untersagt. Das
Kammergericht hat diese Entscheidung bestätigt. Die
Kieler Verlags KG gibt über eine 100 %ige Tochterge-
sellschaft, die Kieler Nachrichten GmbH, die Tages-
zeitung „Kieler Nachrichten" heraus. Diese erscheint
in Kiel und der näheren Umgebung sowie mit ver-
schiedenen Kopfblättern im östlichen Holstein. An
den genannten Gesellschaften der Kieler Zeitungs-
gruppe waren die Axel Sp
ri
nger Gesellschaft für Pu-
blizistik GmbH & Co. KG (Publizistik KG) mit eben-
falls ca. 24,5 % und die Dr. Kurt Hein
ri
ch Nachf.
GmbH (Hein
ri
ch GmbH) mit 51 % beteiligt. Die Publi-
zistik KG hielt zum Zeitpunkt der Untersagungsverfü-
gung 26,1 % an der ASV AG. Die Beteiligung der
ASV AG erfüllt den Tatbestand des § 23 Abs. 2 Nr. 5.
Die Gesellschafter der Kieler Zeitungsgruppe werden
von ihren Gesellschaften gemeinsam beherrscht. Für
einen umfangreichen Katalog von unternehmerischen
Entscheidungen ist eine Beschlußfassung durch die
Gesellschafterversammlung erforderlich. Beschlüsse
in diesem Bereich müssen mit einer Mehrheit von
75 % der vorhandenen Stimmen gefaßt werden. Durch
den erheblichen Umfang der zustimmungsbedürfti-
gen Geschäfte wird die Gesellschafterversammlung
zum eigentlichen Geschäftsführungsorgan. Entschei-
dungen können nur noch einvernehmlich im Wege
des Kompromisses unter den Gesellschaften gefun-
den werden, nicht aber durch Mehrheitsentscheidun-
gen in wechselnden Koalitionen durch die die Interes-
sen des jeweils überstimmten Partners übergangen
werden. Wegen der engen Verbindung zwischen der
ASV AG und der Publizistik KG ist ohnehin nicht zu
erwarten, daß diese beiden Gesellschafter in wichti-
gen Fragen bei den Kieler Nachrichten eine unter-
schiedliche Unternehmenspolitik verfolgen würden.
Die Anteilserwerbe verstärken die marktbeherr-
schende Stellung der Kieler Nachrichten in Kiel und
im östlichen Holstein sowohl auf dem Leser- als auch
auf dem Anzeigenmarkt. Die Publizistik KG hat nach
der Entscheidung des Kammergerichts ihre Beteili-
gungen an der Kieler Zeitungsgruppe an die F & F
Burda Gesellschaft für Beteiligungen GmbH & Co.
(Burda KG) veräußert. Die ASV AG hat danach in der
Rechtsbeschwerdeinstanz den Rechtsstreit in der
Hauptsache für erledigt erklärt, weil aus ihrer Sicht
nach dem Ausscheiden der Publizistik KG die Kieler
Zeitungsgruppe durch die „Sp
ri
nger Gesellschaften"
nicht mehr gemeinsam beherrscht wird. Das Bundes-
kartellamt hat sich dieser Erledigungserklärung nicht
angeschlossen, weil der unverändert fortbestehende
Gesellschaftsvertrag eine ausreichende Grundlage
für einen mitbeherrschenden Einfluß eines jeden Ge-
sellschafters ist. Die Entscheidung des Bundesge-
richtshofes über die Erledigung der Rechtsbe-
schwerde steht noch aus.
Das Bundeskartellamt hat das Vorhaben der Hambur-
ger Wochenblatt Verlag GmbH & Co. KG, eine Mehr-
heitsbeteiligung an der Schlei-Verlag GmbH zu er-
werben, untersagt. Die Hamburger Wochenblatt Ver-
lag GmbH, ein mit der Axel Sp
ri
nger Verlag AG ver-
bundenes Unternehmen, gibt Anzeigenblätter her-
aus. Die Schlei-Verlag GmbH publiziert das Anzei-
genblatt „Loden Dag, leeve Lüüd" im Nordosten von
Schleswig-Holstein. In der Region ist auch die Kieler
Nachrichten GmbH, die die Tageszeitung „Kieler
Nachrichten" herausgibt, tätig. Die Zeitungsgruppe
der Kieler Nachrichten ist mit der Axel Sp
ri
nger Ver-
lag AG verbunden (s. o.). Das Bundeskartellamt hat
den Zusammenschluß untersagt, weil die marktbe-
herrschende Stellung der Kieler Nachrichten GmbH
in der Stadt Kiel und ihrer näheren Umgebung im
Anzeigenmarkt verstärkt worden wäre und damit
auch die Marktstellung auf dem Lesermarkt. Ein wei-
terer Grund für die Untersagung war das Entstehen
einer marktbeherrschenden Stellung der Schlei Ver-
lag GmbH auf dem Anzeigenmarkt in den Gebieten
Kappeln und Eckernförde. Durch den beabsichtigten
Erwerb wäre die Axel Sp
ri
nger Verlag AG in einen
bisher mittelständisch strukturierten Markt einge-
drungen. Die Unternehmen haben das Zusammen-
schlußvorhaben aufgegeben und die zunächst einge-
legte Beschwerde zurückgenommen.
Das Bundeskartellamt hat den Erwerb der Stormarner
Tageblatt Verlag und Druckerei J. Schüthe GmbH
& Co. durch die Lübecker Nachrichten GmbH, die von
der Axel Sp
ri
nger Verlag AG und einem weiteren
Gesellschafter gemeinsam beherrscht wird, untersagt.
Die Stormarner Tageblatt GmbH & Co. gibt die im
Landkreis Stormarn verbreitete Abonnements-Tages-
zeitung „Stormarner Tageblatt" und das Anzeigen-
blatt „Blickpunkt" heraus. Die Lübecker Nachrichten
GmbH publiziert die Tageszeitung „Lübecker Nach-
richten" im Ostteil von Schleswig-Holstein. Im Land-
kreis Stormarn erscheinen die „Lübecker Nachrich-
ten" mit ihrer Unterausgabe „Stormarner Nachrich-
ten" . Weiterhin gibt die Axel Sp
ri
nger Verlag AG im
Landkreis Stormarn die Tageszeitungen „Hamburger
Abendblatt" und „Bergedorfer Zeitung" heraus. Der
Zusammenschluß ist untersagt worden, weil die
marktbeherrschende Stellung der Lübecker Nach-
richten GmbH in der betroffenen Region auf dem Le-
ser- und Anzeigenmarkt verstärkt worden wäre.
Durch die Übernahme wäre der letzte noch unabhän-
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