
Drucksache 11/4611
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
deskartellamtes wegen ihres wi
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chen Ge-
wichtes den zwischenstaatlichen Handel in der Euro-
päischen Gemeinschaft beeinträchtigen könnten.
Im Gegensatz zu diesen Einzelfällen stellen Beschrän-
kungen, die deutsche Automobilhersteller bzw. Im-
porteure ihren Händlern im Rahmen des Kraftfahr-
zeugleasings auferlegen, ein grundsätzliches und
wi
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schaft
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ch bedeutsames Problem dar. Etwa jeder
siebte Neuwagen wird bereits geleast. Das entspricht
einem Gesamtwert von über 10 Mrd. DM. Einige
Kraftfahrzeughersteller bzw. Importeure versuchen,
einen möglichst großen Teil dieses Geschäftes über
eigene Leasinggesellschaften abzuwickeln indem sie
ihre Händler verpflichten, nur mit den herstellereige-
nen Leasinggesellschaften zusammenzuarbeiten oder
ihnen verbieten bzw. erschweren, an freie Leasingge-
sellschaften Neufahrzeuge zu verkaufen. Das Bun-
deskartellamt sieht hierin eine Behinderung der freien
Leasinggesellschaften und eine Bindung der Händler,
die nicht von der EG-Gruppenfreistellungsverord-
nung Nr. 123/85 für den Kraftfahrzeugvertrieb ge-
deckt ist. Das Bundeskartellamt wird auf eine Ände-
rung der Verträge dringen und anderenfalls Miß-
brauchsverfahren einleiten.
Die Praxis der unverbind
li
chen Preisempfehlungen
von Herstellern und Importeuren von Kraftfahrzeugen
(Tätigkeitsbericht 1985/86 S. 61) wird zunehmend kri-
tisch beurteilt. Das Bundeskartellamt sieht den Ver-
dacht, daß die unverbind
li
chen Preisempfehlungen in
vielen Fä
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en nicht eingehalten werden, durch den
Umfang der „Verkaufshilfen", ständige Sondermo-
delle, subventionierte Zinsen für Autokredite und
Leasinggebühren, Tageszulassungen und überhöhte
Inzahlungnahmen von Gebrauchtwagen bestätigt. Es
wird im Hinblick auf das Interesse der Händler und
der Verbraucher an einer Preisorientierung von der
Einleitung eines Mißbrauchsverfahrens absehen, so-
lange eine Täuschung des Verbrauchers über den tat-
sächlichen am Markt geforderten Preis ausgeschlos-
sen werden kann.
Der Konzentrations- und Kooperationsentwicklung
bei den Kraftfahrzeugherstellern folgt eine gleichge-
richtete Entwicklung in der Kraftfahrzeug-Zulieferer-
industrie. Sie wird dadurch verstärkt, daß außer der
Größe der Unternehmen auf der Marktgegenseite
oder den neuen Anforderungen für den europäischen
oder internationalen Markt noch zusätzliche Einfluß-
faktoren eine Ro
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e spielen. Einer der wich
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gsten Ge-
sichtspunkte ist die technologische Entwicklung, die
zum einen die Ablösung mechanischer durch elektro-
nische Bauteile mit sich bringt, andererseits aber auch
eine zunehmende Verknüpfung mechanischer und
elektronischer Systeme erforderlich macht (vgl. auch
S. 66). Die Zusammenführung bzw. der Erwerb des
jeweils fehlenden know-hows durch Fusionen oder
Kooperationen ist daher naheliegend. Typisch für eine
solche Zusammenarbeit ist die Gründung eines Ge-
meinschaftsunternehmens für Antiblockier- und An-
tischlupfsysteme durch die FAG Kugelfischer Georg
Schäfer KGaA, Schweinfu
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, und die VDO Adolf
Schindling AG, Frankfu
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. Während Kugelfischer im
wesentlichen Erzeugnisse der Lagerungstechnik und
Industrietechnik herstellt und insbesondere auch im
Bereich der Bremshydraulik für Kraftfahrzeuge tätig
ist, stellt VDO vorwiegend Geräte für Meß- und Re-
geltechnik her und erreicht hierbei auf einigen
Märkten im Bereich der Kraftfahrzeugelektrik erheb-
liche Marktanteile. Das Zusammenschlußvorhaben
wurde nicht untersagt, weil auf dem be
tr
offenen
Markt für ABS- und ASR-Systeme Bosch mit weitem
Abstand Marktführer ist und die Zusammenarbeit
zwischen Kugelfischer und VDO mit ihrem speziellen
know-how den Marktzutritt eines Wettbewerbers be-
schleunigt.
Weitere Mo
ti
ve für die aktuelle Konzentration in der
Kraftfahrzeug-Zulieferindustrie werden am Beispiel
des größten französischen Zuliefererunternehmens,
der Valéo S. A., Pa
ri
s, deutlich. Der zum Einflußbe-
reich des italienischen Industriellen de Benedet
ti
ge-
hörende Valeo-Konzern (Umsatz ca. 3,7 Mrd. DM),
rüstet sich durch Übernahme von Unternehmen im
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schaftli
chen Umfeld für den europäischen Bin-
nenmarkt und den internationalen Wettbewerb. So
wurden die Société des Par
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cipa
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ons Neiman, Frank-
reich, und die Tibbe KG, Erdweg, übernommen und
mit der Société Chausson Thermique, Frankreich, ein
Betriebspachtvertrag a/jointfilesconvert/456955/bgeschlossen. Weitere Auf-
käufe im Zulieferbereich sind beabsichtigt. Da alle
beteiligten Unternehmen auch auf dem deutschen
Markt tätig sind, waren durch die Zusammenschlüsse
zahlreiche Zulieferermärkte be
tr
offen, wie die Märkte
für Lenkradschlösser, Schließgarnituren, Kühler, Hei-
zungs- und Klimaanlagen für Kraftfahrzeuge, Signal-
hörner, Scheibenwischblätter, Scheinwerfer und
Leuchten. Marktbeherrschende Stellungen entstehen
durch die Zusammenschlüsse aber nicht, weil auf den
be
tr
offenen Märkten deutsche Wettbewerber mit er-
heblich höheren Marktanteilen und zumindest ver-
gleichbarer Finanzkraft tätig sind. Etwas anders ist
allerdings die Situa
ti
on auf dem Markt für Lenkrad-
schlösser. Auf diesem Markt ist bisher das mittelstän-
dische Familienunternehmen Tibbe Marktführer.
Auch Neiman hält hier eine nicht unbedeutende
Marktstellung. Die Untersagungsvoraussetzungen
des § 24 Abs. 1 lagen aber gleichwohl nicht vor, da
sich auf diesem Markt bereits deutlich die grundsätz-
lichen Veränderungen im Zuliefererbereich — weg
von einzelnen Teilen hin zu größeren Komponenten
und Bausätzen — konkretisieren. So ist auf dem Lenk-
radschloßmarkt bereits ein Anbieter aufgetreten, der
auf einem benachbarten Markt für elektrische Schalt-
hebel tätig ist und der entsprechend der Nachfrage
der Automobilhersteller größere Komponenten ange-
boten hat, die das Lenkradschloß als Funktionsele-
ment der Lenksäule umfassen.
Das Bundeskartellamt hat das Vorhaben der Mannes-
mann AG, die Mehrheit der Anteile der Sachs AG,
München, zu erwerben, nicht untersagt. Mannes-
mann erzielte 1986 weltweit einen Jahresumsatz von
18 Mrd. DM, die Sachs-Gruppe von 2,2 Mrd. DM. Die
Tätigkeitsgebiete der Unternehmen überschneiden
sich nicht. Es bestehen auch keine wettbewerbsrele-
vanten Lieferbeziehungen zwischen den Beteiligten.
Da F & S auf mehreren Märkten über hohe Anteile
verfügt, war zu prüfen, ob durch die Finanzkraft von
Mannesmann hier eine marktbeherrschende Stellung
entsteht oder verstärkt wird. Im Mittelpunkt standen
die Märkte für Kupplungen (Druckplatten und Schei-
ben) und Stoßdämpfer. Im Jahre 1978 hatte der Bun-
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