
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
Drucksache 11/4611
einer marktbeherrschenden Stellung im regionalen
Markt geführt und hätte daher nach § 24 untersagt
werden müssen. Darüber hinaus waren die zur Grün-
dung des Gemeinschaftsunternehmens geschlosse-
nen Gesellschaftsverträge wegen Verstoßes gegen
das Kartellverbot unwirksam. Das Gemeinschaftsun-
ternehmen diente ausschließlich dem Zweck, die bis-
her ge
tr
ennt verfolgten Interessen der Gesellschafter
zu koordinieren und damit den befürchteten Wettbe-
werb durch das erstmalige Auftreten eines der Gesell-
schafter auf dem regionalen Markt zu unterbinden.
5. Bimsbaustoffe
Nachdem das Rationalisierungskartell nach § 5 Abs. 2
und 3 der BBU Rheinische Bimsbaustoff-Union GmbH
letztmalig bis zum 31. 12. 1987 verlängert worden war
(Tätigkeitsbericht 1985/86 S. 55), haben elf der Mit-
gliedsunternehmen die Fortsetzung der Kooperation
als Rationalisierungskartell nach § 5 b angemeldet.
Das Bundeskartellamt hat dieser Anmeldung nicht
widersprochen.
1
) Der Marktanteil des Kartells auf
dem sachlich und räumlich relevanten Markt ist durch
das Ausscheiden von Mitgliedern und das Vordringen
von Substitutionserzeugnissen in den letzten Jahren
erheblich gesunken. Inzwischen sind vier weitere Un-
ternehmen aus dem Kartell ausgeschieden; darüber
hinaus haben zwei Mitglieder ihre Produktion einge-
stellt. Die Entwicklung dieses Kartells, das ehemals
mit 73 Mitgliedsunternehmen den größten Teil
der
Bimsbaustoffindustrie des Neuwieder Beckens um-
faßte, zeigt, daß auch mit Kartellrungsmaßnahmen
ein wi
rt
schaft
li
ch bedingter Strukturwandel nicht auf-
zuhalten ist.
6.
Mineralische Roh- und Füllstoffe
Das Bundeskartellamt hat der Anmeldung des Mittel-
standskartells nach § 5 b der Ulmer Füllstoff Vertrieb
GmbH nicht widersprochen.
2
) Vier kleinere Hersteller
minera
li
scher Roh- und Füllstoffe vertreiben im Rah-
men dieses Kartells Teile ihrer Produktion ohne An-
dienungspflicht über eine gemeinsame Verkaufs-
agentur.
7.
Kalksandstein
Die Franz Haniel & Cie. GmbH hat wegen der Beden-
ken des Bundeskartellamtes ihr Vorhaben aufgege-
ben, eine Mehrheitsbeteiligung an einem in Hessen
und Niedersachsen tätigen Kalksandsteinproduzen-
ten zu erwerben. Mit seinem Werk in Niedersachsen
versorgt der Kalksandsteinproduzent auch den Berli-
ner Markt. In Berlin ist Kalksandstein der am häufig-
sten verwendete Wandbaustoff. Die regionale Nach-
frage wird zu über zwei Drittel von nur einem in Ber
li
n
ansässigen Hersteller gedeckt. An diesem ist die Ha-
niel-Gruppe mit 50 % beteiligt. Das Unternehmen ist
zugleich alleiniger Importeur von Kalksandstein aus
der DDR. Durch den Zusammenschluß hätte die Ha-
niel-Gruppe den Ber
li
ner Kalksandstein-Markt na-
hezu allein versorgt; ihre marktbeherrschende Stel-
lung wäre verstärkt worden.
8. Betonfertigteile
Das Bundeskartellamt hat der Anmeldung eines Mit-
telstandskartells nach § 5 b von zwei kleineren Her-
stellern von Betonfertigteilen nicht widersprochen.
Der Kartellvertrag bet
ri
fft die Zusammenarbeit der
Unternehmen bei der Herstellung und dem Vertrieb
von Fertigschachtunterteilen. Beide Unternehmen er-
reichen auf dem norddeutschen Markt bei diesen Er-
zeugnissen einen Marktanteil von weniger als 10 %
und stehen mit Großunternehmen im Wettbewerb, die
zum Teil über deutlich höhere Marktanteile verfü-
gen.
Eisen und Stahl (27)
Die derzeit weltweite Zunahme des Stahlverbrauchs
hat auch in der Deutschen Eisen- und Stahlindustrie
zu einer allmählichen Festigung und spürbaren Bele-
bung der Nachfrage geführt. Auf den Anpassungspro-
zeß der deutschen und europäischen Stahlindustrie an
die weltweit veränderten Bedingungen moderner
Stahlproduktion wird dies aber langfristig nur wenig
Einfluß haben.
Die Bemühungen um Rationalisierung und Produkti-
onskonzentration auf die wirtschaftlichsten Anlagen
gingen an wich
ti
gen Stahlstandorten der Bundesre-
publik auch in den Jahren 1987 und 1988 weiter. Für
die wettbewerbsrechtliche Beurteilung dieser Ent-
wicklung — einschließlich der Zusammenschlußkon
-
trolle — ist das Bundeskartellamt nur zuständig, so-
weit die betreffenden Unternehmen andere Waren als
diejenigen anbieten oder nachfragen, für die aus-
schließlich der Vertrag über die Gründung der Euro-
päischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gilt (§ 101
Nr. 3).
Das Bundeskartellamt hat die Zusammenlegung der
Geschäftsbereiche „Schmieden und Weiterverarbei-
tung Hattingen" und „Titanhalbzeug und Legierun-
gen" des Thyssen-Konze
rn
s mit der Schmiedewerke
Krupp-Klöckner GmbH, einem Gemeinschaftsunter-
nehmen der Klöckner-Werke AG und der Krupp-Stahl
AG nicht untersagt. Die bei einigen Schmiedeerzeug-
nissen — schwere und schwerste Schmiedestücke, Ei-
senbahnradsätze — vorhandenen hohen Marktan-
teile sind lediglich ein Ausdruck der Enge der Märkte,
die ein rentables Angebot mehrerer Anbieter nicht
mehr zulassen. Zudem stehen ausländische Wettbe-
werber mit erheblichen Produktionskapazitäten als
poten
ti
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ll
e Anbieter bereit. Bei Titanhalbzeug war der
Zusammenschluß der beiden nationalen Anbieter
deswegen unbedenk
li
ch, weil die Bundesrepublik
Deutschland zu den wenigen Ländern in der Welt
gehört, die eine freie Einfuhr von Titanhalbzeugpro-
dukten zulassen. Die ausländischen Anbieter mit
ihren günstigeren Produktionsvoraussetzungen —
durch eine eigene Rohstoffbasis — erreichen auf
1)
Bundesanzeiger 1988, S. 247
2)
Bundesanzeiger 1988, S. 3759
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