
Drucksache 11/4611
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode
liegen noch nicht vor. Eine abschließende kartell-
rechtliche Beurteilung ist daher noch nicht möglich.
Angesichts der verbliebenen Marktbedeutung der
Gedelfi und der aktuellen Gesamtsituation im Le-
bensmittelhandel sind jedoch grundsätzliche Einwen-
dungen des Bundeskartellamtes gegen die Zusam-
menarbeit nicht zu erwarten.
Bauwirtschaft und Grundstückswesen (70)
1. Bauhauptgewerbe
Bestimmte formularmäßige Bietererklärungen sind
nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Dies hat der Bun-
desgerichtshof in seiner Entscheidung vom 23. Juni
1988 (WuW/E BGH 2523) festgestellt. In dem ent-
schiedenen Fall hatten sich alle an einer Ausschrei-
bung beteiligten Anbieter gegenüber dem Nachfra-
ger verpflichten müssen, eine „Vertragsstrafe" von
3 % ihrer Angebotsendsumme zu zahlen, wenn ihnen
die Beteiligung an einer Kartellabsprache nachgewie-
sen würde. Diese Verpflichtung bestand unabhängig
davon, ob ein Auftrag vergeben wurde oder nicht. Zur
Begründung seiner Entscheidung hat der Bundesge-
richtshof ausgeführt, Bietererklärungen dieses Inhalts
benachteiligten unangemessen die Interessen der be-
teiligten Anbieter. Bei der als „Vertragsstrafenverein-
barung" bezeichneten Regelung handele es sich
rechtlich um ein Garantieversprechen. Sinn und
Zweck dieses Garantieversprechens sei es, durch eine
selbständige zivilrechtliche Sanktion ein Verhalten zu
erzwingen, dessen Durchsetzung vom Gesetzgeber
den Kartellbehörden übertragen worden sei. Für eine
zusätzliche zivilrechtliche Ahndung fehle es damit an
einer inneren Rechtfertigung. Überdies laufe die Bie-
tererklärung darauf hinaus, dem Bauherrn neue, vom
eigentlichen Sachinteresse losgelöste Geldforderun-
gen zu erschließen. Dies könne zu einer unangemes-
senen Bereicherung führen, da das Strafversprechen
unabhängig von einem möglichen Schaden wirksam
werde. Es sei deshalb leicht zu errechnen, wann der
Bauherr die Bauleistung allein aus verwirkten „Ver-
tragsstrafen" dieser A
rt
nach Aufhebung einer Aus-
schreibung finanzieren könne.
Das Bundeskartellamt hat wegen verbotener Preisab-
sprachen gegen drei Großunternehmen des Bau-
hauptgewerbes und elf verantwortliche Vorstands-
mitglieder Geldbußen von insgesamt 7 Mio. DM ver-
hängt. Die Verfahren gegen die Unternehmen waren
zunächst eingestellt worden, nachdem der Bundesge-
richtshof entschieden hatte, daß eine einzige einheit-
liche Tat der Aufsichtspflichtverletzung vorliegt,
wenn allgemeine Aufsichtsmaßnahmen in mehreren
Niederlassungen eines Bauunternehmens unterlas-
sen werden (Tätigkeitsbericht 1985/86 S. 83). Neuer-
liche Ermittlungen hatten aber ergeben, daß nicht nur
diejenigen Vorstandsmitglieder, gegen die bereits ein
Bußgeldbescheid einer Landeskartellbehörde ergan-
gen war, sondern sämtliche Vorstandsmitglieder die-
ser Unternehmen für die Aufsichtspflichtverletzungen
verantwortlich waren. Das Bundeskartellamt konnte
daher gegen diejenigen Vorstandsmitglieder, gegen
die noch kein rechtskräftiger Bußgeldbescheid vorlag,
vorgehen und damit auch wegen der neuerlichen Ab-
sprachen Geldbußen gegen die Unternehmen ver-
hängen. Die Bußgeldbescheide gegen die drei Unter-
nehmen und gegen acht der Vorstandsmitglieder mit
Geldbußen in Höhe von insgesamt 6,7 Mio. DM sind
rechtskräftig geworden. Die Verfahren gegen die üb-
rigen drei Vorstandsmitglieder hat das Kammerge-
richt eingestellt.
In einem weiteren Verfahren hat der Bundesgerichts-
hof das Urteil des Kammergerichts wegen Verbrauchs
der Strafklage aufgehoben und das Verfahren einge-
stellt (WuW/E BGH 2394 — KRB 8/86 — insoweit wie
WuW/E BGH 2205 — KRB 3/85 und KRB 4/85 — Tä-
tigkeitsbericht 1985/86 S. 83). Der Bundesgerichtshof
hat dabei darauf hingewiesen, daß zunächst zu prüfen
ist, ob sich ein Vorstandsmitglied als Täter im Sinne
von § 14 OWiG an den Submissionsabsprachen betei-
ligt hat, wenn es Aufsichtsmaßnahmen unterläßt, ob-
wohl die Gefahr bestimmter Zuwiderhandlungen in
einzelnen Zweigniederlassungen besonders groß ist.
Rechne ein Vorstandsmitglied mit dem Abschluß von
Submissionsabsprachen und nehme er diese zumin-
dest billigend in Kauf, dann komme es nicht darauf an,
ob ihm diese im einzelnen bekannt seien. Ein solcher
Vorwurf sei gegenüber der Aufsichtspflichtverletzung
eine andere Tat im Sinne von § 264 StPO.
Das Bundeskartellamt hat daraufhin gegen den Vor-
standsvorsitzenden und das Unternehmen einen Buß-
geldbescheid wegen Beteiligung an den Submissions-
absprachen in dem vom Bundesgerichtshof ausge-
führten Sinne erlassen. Das Kammergericht hat dieses
Verfahren wegen Verbrauchs der Strafklage einge-
stellt, da es in einer Beteiligung an den Submissions-
absprachen keine gegenüber der von der Landeskar-
tellbehörde wegen anderer Absprachen bereits ge-
ahndeten Aufsichtspflichtverletzung selbständige Tat
sieht. Diesen Beschluß des Kammergerichts hat der
Bundesgerichtshof aufgehoben und die Sache an das
Kammergericht zurückverwiesen. Er hat ausgeführt,
daß keine Tatidentität vorliege. Entscheidend sei, daß
zwischen dem Tatbild einer generellen Aufsichts-
pflichtverletzung, die Gegenstand des früheren Ver-
fahrens war, und dem der eigenen Beteiligung an den
Zuwiderhandlungen ein wesentlicher Unterschied
bestehe. Die Vorwürfe seien jedenfalls dann nicht
identisch im Sinne von § 264 StPO, wenn sich der
Beteiligungsvorwurf nicht auf das Unterlassen allge-
meiner Maßnahmen beschränkt, sondern ein weiteres
Verhalten erfaßt, wie etwa das bewußte Unterlassen
besonderer, speziell für eine einzelne Niederlassung,
notwendiger Maßnahmen (WuW/E BGH 2543 — KRB
2/88).
Die Kartellbehörden und Gerichte werden nach den
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes das Verhal-
ten von Vorständen und Geschäftsführern von Bauun-
ternehmen künftig auch dann, wenn diesen kein kon-
kretes Mitwirken an einzelnen Absprachen nachzu-
weisen ist, nicht nur unter dem Gesichtspunkt der
Aufsichtspflichtverletzung, sondern auch im Hinblick
auf eine Beteiligung im Sinne von § 14 OWiG prü-
fen.
In zwei weiteren Verfahren hat das Kammergericht
wegen Submissionsabsprachen gegen zwei Bauun-
ternehmen und die verantwortlichen Personen Geld-
bußen in Höhe von insgesamt 250 000, — DM ver-
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